Tuning/Nockenwelle

Aus X 1/9 Wiki
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Ventile prüfen und einstellen

Einleitung

Der Fiat X1/9 hat einen sogenannten O.H.C.-Motor.
O.H.C. kommt vom englischen OverHead Camshaft = oben liegende Nockenwelle.
Der Antrieb der Nockenwelle erfolgt über einen Zahnriemen.
Zur Betätigung des Ventils drückt die Nocke der Nockenwelle auf eine Einstellscheibe, auch Shim genannt, die in einem Steuerstößel eingebettet ist.
Der Steuerstößel (in Form einer umgedrehten Tasse, daher auch "Tassenstößel" genannt) drückt direkt auf das Ventil. Das notwendige Ventilspiel wird durch die Dicke der Einstellscheibe bestimmt.

Warum Ventilspiel?

Da es unterschiedliche Wärmeausdehnungen zwischen den Teilen der Ventilbetätigung und der des Zylinderkopfes gibt, muss dieses durch ein
Ventilspiel ausgeglichen werden.
Ein zu großes Ventilspiel kann man eventuell hören, ein zu kleines nicht.
Und da lauert das Unheil!

Bei zu kleinem Ventilspiel besteht die Gefahr, dass die Ventile nicht richtig und lange genug auf dem Ventilsitz aufliegen.
Dies führt dazu, dass nicht genug Wärme vom Ventil an den Zylinderkopf abgeleitet werden kann, und das Ventil dadurch verbrennt.

Bei zu großem Ventilspiel ist die Zylinderfüllung nicht optimal, das Ventil ist nicht lang genug offen. Dies führt zu Leistungsverlust.
Außerdem ergibt sich ein größerer Verschleiß an der Nockenwelle und eine größere Geräuschentwicklung ---die Ventile klappern---.

Die Kontrolle des Ventilspiels soll alle 10.000 km durchgeführt werden, und dann natürlich, wenn entsprechende Reparaturen anfallen.
Ventile werden bei kaltem Motor geprüft und eingestellt.

Das Spiel der Einlassventile beträgt beim 1500 Vergaser 0,45 mm und
beim Kat-Modell 0,32 mm.

Das Spiel der Auslassventile beträgt beim 1500 Vergaser 0,60 mm und
beim Kat-Modell 0,42 mm.

Die Reihenfolge der Einlass-(E) und Auslassventile-(A) ist:


A-E-E-A-A-E-E-A


Der 1. Zylinder ist in Fahrtrichtung rechts.
Der Fachmann sagt auch:
Der 1. Zylinder ist entgegengesetzt der Kraft abgebenden Seite.
Links geht die Kraft zum Getriebe, also ist rechts der 1. Zylinder.


Einstellanleitung

Die Kontrolle des Ventilspiels kann jeder leicht selber durchführen. Zum Einstellen des Ventilspiels benötigt man außer der Fühlerlehre, noch ein Blockierwerkzeug
für den Ventilstößel (Tassenstößelniederdrücker), einen Satz Einstellplättchen,
einen guten Messschieber mit min. 2/100mm Skala oder besser eine Mikrometerschraube.
Zur Kontrolle des Ventilspiels müssen Luftfilter und Nockenwellendeckel entfernt werden.
Da das Spiel nur bei geschlossenem Ventil gemessen werden kann, muss die Nockenwelle gedreht werden, damit der Nocken beim zu überprüfenden Ventil nach oben zeigt.
Das geht nur, wenn man die Kurbelwelle und mit ihr die Nockenwelle bewegt.
Entweder mit einem Schraubenschlüssel die Lima drehen (evtl. dabei auf den Keilriemen drücken, damit dieser nicht rutscht) oder den Wagen im 5. Gang schieben. Das ganze geht leichter, wenn die Zündkerzen entfernt sind.

Weist der Nocken senkrecht nach oben, wird mit der Fühlerlehre das Spiel zwischen Nocken und Einstellplättchen gemessen. Das Messblatt muss mit leichter Reibung hindurch gleiten. Durch probeweise Einschieben von stärkeren oder schwächeren Fühlerblättern wird ermittelt, welche Differenz sich zu dem vorgeschriebenen Spiel ergibt.
Eine Toleranz des Spiels von +/- 0,05 mm ist erlaubt. Wenn das Spiel außerhalb dieser Toleranz liegt, ist ein Einstellen durch Austausch des Einstellplättchen notwendig.
Dieses macht die FIAT-Werkstatt, oder wenn das Werkzeug vorhanden ist, der X-Fahrer selber.
Um das Einstellplättchen herausnehmen zu können, wird der Stößel mit einem Tassenstößelniederdrücker herunter gedrückt.
Ich benutze dafür ein Teil, auf dem FIAT-SAT-A.60642 eingeprägt ist.
Die FIAT- Bestell-Nr. lautet FIAT-01860642000.

Nachdem der Stößel niedergedrückt und blockiert wurde, kann man mit einem spitzen Gegenstand durch den dafür vorgesehenen Schlitz am oberen Rand des Stößels das Plättchen anheben. Druckluft geht auch, aber an das verbliebene Motoröl denken!
Mit einer spitzen Zange wird das Plättchen entnommen.
Unter dem Einstellplättchen steht wie stark das Teil ist. Falls diese nicht mehr leserlich ist, muss die Stärke mit einer Mikrometerschraube festgestellt werden.

Aus der Differenz des gemessenen Ventilspiels und des vorgeschriebenen Ventilspiels ergibt sich die Stärke des neuen Einstellplättchens.

Dann wird das neue Plättchen mit der Beschriftung nach unten in den Stößel gelegt. Bitte darauf achten, dass es wirklich tief in der vorgesehenen Tasche liegt!

Ventilspielprotokoll-Einspritzer.jpg


Dann den Niederdrücker entfernen, die Nockenwelle 2-3 mal drehen lassen und das Ventilspiel nochmals überprüfen.


ACHTUNG, ein ganz wichtiger Tipp!

Eine schriftliche Arbeitsbeschreibung ist durch praktische Anschauung nicht zu ersetzen!
Bevor Ihr selbstständig Ventile neu einstellt, schaut dem FIAT-Monteur oder einem erfahrenen X-Piloten

Ventilspielprotokoll-Vergaser.jpg

einmal bei dieser Arbeit über die Schulter!

Nun noch eine kleine Hilfe, damit das Ventilspiel-Überprüfen und das evtl. notwendige Einstellen leichter fällt.
Ihr braucht nur das nachstehende Ventilspiel-Protokoll anklicken und ausdrucken.
Dann kann man die gemessenen Werte gleich eintragen, die Stärke des notwendigen Plättchens in Ruhe ausrechnen und die anschließende Kontrollmessung auch eintragen.


Wenn alles im „Grünen Bereich“ liegt, ist die Arbeit gut vollbracht! :-)






Übersicht über Nockenwellenprofile

Aurelio Lampredi hat den sogenannten SOHC (single overhead camshaft) Fiat Motor der 128er Baureihe entworfen. Der Ventiltrieb ist bereits von Werk aus recht drehzahlfest. Im X1/9 wurden mit die "schärfsten" Nockenwellen verbaut. In einer aufwendigen Messreihe wurden nahezu alle für den Fiat X1/9 verfügbaren Nockenwellen vermessen. Hierzu wurden nachfolgende Bezeichnungen verwendet:

Übersicht Nockenwellen
Bezeichnung Steuerzeiten lt. Datenblatt Prüfspiel
Serienwellen    
1300 A/a-Serie  24 - 68 - 64 - 28 Hub 9.75/9.75 bei 0.5mm 
1300 B-Serie  12 - 52 - 52 - 12 Hub 9.2/9.25  bei 0.5mm
1300 A-Serie US    
1500 Vergaser  24 - 68 - 64 - 28 Hub 9.85/9.9  bei 0.5mm
1500 i.e. (FI 1500)  12-52 52-12 Hub 9.2mm/9.25mm  
 Sportwellen    
Alquati A16/1  42 - 82 - 82 - 42 Hub 10.6/10.6  vermutl. 0.5mm
Alquati A17  50 - 70 - 70 - 50 Hub 10/10  vermutl. 0.5mm
Alquati A19/179 50 - 70 - 70 - 50 Hub 11.3/11.3  vermutl. 0.5mm
Alquati A20  54 - 92 - 81 - 51 Hub 11.4/11.4  vermutl. 0.5mm
Alquati A20/1 40 - 80 - 80 - 40 Hub 10.35/10.35   vermutl. 0.5mm
Alquati A20/2 42 - 82 - 82 - 42 Hub 10.6/10.6  vermutl. 0.5mm
Alquati A20/3 54 - 91 - 81 - 51 Hub 11.4/11.4  vermutl. 0.5mm
Faza 35/75    
Faza 40/80    
PBS SX1    
PBS S2    
Leinberger 1600    
Filipinetti    


Folge der Daten: Eö - Es - Aö - As; Hub Einlass/Auslass

Da jeder Hersteller andere Bezugshübe für seine Nockenwellen verwendet, ist dieser unter Bemerkungen notiert. Gängige Bezugshübe sind z.B. 0.5mm (FIAT), 1mm (standard) oder 2mm (Mercedes).


Die Öffnungszeiten werden angegeben in der Form (sh. oben):    Einl.ö. v.o.T. - Einl.s. n.u.T. - Ausl.ö. v.u.T. - Ausl.ö. n.o.T.

Hier bedeuten:

Abkürzung
Erklärung
Einl.
Einlassventil
Ausl.
Auslassventil
v.o.T.
vor oberem Totpunkt (des Kolbens)
n.u.T.
nach unterem Totpunkt
v.u.T.
vor unterem Totpunkt
n.o.T.
nach oberem Totpunkt


Damit ergibt sich aus den Steuerzeitangaben bespielsweise:

NW Vergaser = 24 - 68 - 64 - 28 Hub 9.85/9.9
Einlassventil ist ab 24° vor oberem Totpunkt des Kolbens bis 68° nach unterem Totpunkt des Kolbens offen. Es ergibt sich 24° + 180° (Weg vom oberem Totpunkt bis zum unteren Totpunkt) + 68° = 272°

NW Einspritzer = 12-52 52-12 Hub 9.2mm/9.25mm
Einlassventil ist ab 12° vor oberem Totpunkt des Kolbens bis 52° nach unterem Totpunkt des Kolbens offen. Es ergibt sich 12° + 180° (Weg vom oberem Totpunkt bis zum unteren Totpunkt) + 52° = 244°


Vermessen verschiedener Nockenwellen

Vorgehensweise

Die verschiedenen Nockenwellen wurden nacheinander in einen Nockenwellenkasten montiert und an jeweils einer Einlaß- und Auslaßnocke mit Tassenstößeln versehen. Auf die Stößel wurde jeweils eine Messuhr senkrecht ausgerichtet. Am Nockenwellenstumpf war eine Gradscheibe installiert und am Nockenwellengehäuse ein aus Draht gebogener Zeiger. Die Nockenwelle wurde um 5° (z.T. sogar nur 2,5°) gedreht und beide Messwerte abgelesen und aufgezeichnet. Durch das gleichzeitige Vermessen beider Nocken ist das Verhältnis von Einlaß- zu Auslaßsteuerzeiten mit abgebildet, welches für die Ventilüberschneidung wichtig ist.

Messaufbau.jpg

Ergebnisse

Im Bild sind die Ventilerhebungskurven und nicht die Nockenprofile für die vermessenen Nockenwellen dargestellt. Bei den ersten Wellen wurden noch Messuhren mit einem Messbereich von 0 ... 10mm verwendet. Daher ist bei einigen Nockenwellen der Hub auf 10mm begrenzt.

Nockenkurven.png

Quellen: